Die sechs kreisfreien Städte der Planungsgemeinschaft "Städteregion Ruhr" liegen im Kern der Metropole Ruhr. Sie gehören dem Verbandsgebiet des Regionalverbands Ruhr (RVR) an, einem Zusammenschluss von 11 kreisfreien Städten und vier Kreisen im Ruhrgebiet. Zu den Pflichtaufgaben des RVR zählt seit dem Jahr 2009 unter anderem auch die Regionalplanung.
Die Städteregion Ruhr ist von einer polyzentrischen Siedlungsstruktur geprägt. Nirgendwo sonst in der Bundesrepublik liegen so viele Großstädte derart eng beieinander. Historisch und politisch bedingte - nicht nach funktionalen Gesichtspunkten gezogene Stadt-, Gemeinde- und Regierungsbezirksgrenzen - sowie starke Verflechtungen der Städte untereinander und mit dem Umland sind Kennzeichen der Region.
Bis zur Erarbeitung des Regionalen Flächennutzungsplans (RFNP) lag die Zuständigkeit für die Regionalplanung in der Städteregion Ruhr bei drei Bezirksregierungen. Trotz gemeinsamer Problemlagen bestand bis zum RFNP somit keine gemeinsame formelle Planung. Verschiedene Kooperationen und Zukunftsprojekte in der Region haben jedoch ein gemeinsames Problembewusstsein und eine Kooperationskultur wachsen lassen. Zwischenzeitlich ist der Regionalverband Ruhr (RVR) für die Regionalplanung in seinem Verbandsgebiet zuständig und erarbeitet gegenwärtig einen einheitlichen Regionalplan für die Metropole Ruhr.
Unter dem Namen „Städteregion Ruhr 2030“ kooperieren die elf kreisfreien Städte des Ruhrgebietes hinsichtlich verschiedener Themen der Raumentwicklung. Aus der Mitte der Städteregion haben sich am 20. Oktober 2005 die sechs Städte Bochum, Essen, Gelsenkirchen, Herne, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen mit dem Abschluss einer öffentlich rechtlichen Vereinbarung zu einer Planungsgemeinschaft für die Aufstellung eines regionalen Flächennutzungsplans (RFNP) zusammengeschlossen.
In dem durch die sechs Städte gebildeten Planungsraum leben rund 1,8 Millionen Menschen – das sind circa 34 % der Bevölkerung des RVR-Gebietes, beziehungsweise 10 % der Bevölkerung von Nordrhein-Westfalen - auf einer Fläche von 680 Quadratkilometer. Mit einer Bevölkerungsdichte von durchschnittlich 2.563 Einwohner*innen pro Quadratkilometer (EW/km²) ist die Region als hochverdichteter Ballungsraum zu charakterisieren. Das Gebiet der Planungsgemeinschaft umfasst Bereiche der Ruhr-, der Hellweg- und der Emscherzone.
Die Siedlungsstruktur im Bereich der Planungsgemeinschaft wurde vor allem durch die Industrialisierung und die Nordwanderung des Bergbaus begründet. Sie ist bis heute von einer dezentralen und vielfältigen Mischung verschiedener Wohnformen und einem Nebeneinander von Wohnen, Arbeiten und Freiraum geprägt.
Die Stadtentwicklung in den sechs Städten der Planungsgemeinschaft wird heute maßgeblich von drei Faktoren bestimmt: dem demographischen Wandel, dem wirtschaftlichen Strukturwandel sowie der strukturellen Krise der kommunalen Haushalte.
Der demografische Wandel ist nicht nur bestimmt von einem – durch Zuwanderung aus dem Ausland seit einigen Jahren unterbrochenen – Rückgang der Bevölkerungszahlen, sondern darüber hinaus von einer Änderung der Bevölkerungsstruktur – der Anteil der älteren Menschen und der Personen mit Migrationshintergrund nimmt zu.
Der wirtschaftliche Strukturwandel, der in den 1960er Jahren einsetzte, hat das Gesicht der Region wesentlich verändert. Die Montanindustrie hat stark an Bedeutung verloren. Dafür trugen die Gründung von Hochschulen sowie die Ansiedlung neuer Wirtschaftsbranchen zum Strukturwandel bei.
Dennoch leidet die Region an der Finanzkrise der öffentlichen Haushalte. Die hohen Sozialausgaben belasten die kommunalen Haushalte stark und entziehen ihnen wichtige Finanzmittel für die notwendige Modernisierung der Infrastruktur.
Eckwerte zur inneren Struktur des Raumes
Bochum |
Essen |
Gelsen-kirchen |
Herne |
Mülheim a.d. Ruhr |
Oberhausen |
Planungs-gem. |
|
Zentralörtliche Funktion |
Ober-zentrum |
Ober-zentrum |
Mittel-zentrum |
Mittel-zentrum |
Mittel-zentrum |
Mittel-zentrum |
Bestandteil europäischer Metropolraum NRW sowie Metropolregion Ruhr |
Einwohner*innen 2015 |
364.742 |
582.624 |
260.368 |
155.851 |
169.278 |
210.934 |
1.743.797 |
Fläche (km²)(Stichtag 31.12.2015) |
145,66 |
210,34 |
104,94 |
51,42 |
91,28 |
77,09 |
680,74 |
Bevölkerungsdichte (EW/km²)(Stichtag 31.12.2015) |
2.504 |
2.770 |
2.481 |
3.031 |
1.855 |
2.736 |
2.563 |
Pendler*innensaldo (Stichtag 30.6.2015) |
4.646 |
44.965 |
-881 |
-5.641 |
2.012 |
-6.901 |
38.200 |
Der Regionale Flächennutzungsplan für die "Städteregion Ruhr" führt zwei zuvor getrennte Planungsebenen – die Regionalplanung und die vorbereitende Bauleitplanung der Gemeinden – in einem integrierten Plan zusammen: Er hat die sechs kommunalen Flächennutzungspläne und die entsprechenden räumlichen Ausschnitte der Regionalpläne für die Regierungsbezirke Arnsberg, Düsseldorf und Münster ersetzt. Durch den RFNP wurde die Regionalplanung kommunalisiert und eine Planungsebene eingespart.
Zusammenfassung der Planungsebenen durch den RFNP
Quelle: eigene Darstellung
Eine zentrale Aufgabe des RFNP ist die bedarfsgerechte Koordination und Steuerung der Wohnbau- und Wirtschaftsflächenentwicklung. Im dicht besiedelten Ballungsraum sind darüber hinaus der Erhalt und die Entwicklung eines zusammenhängenden Freiraumsystems weitere grundlegende Aufgaben. In seiner Funktion als Landschaftsrahmenplan schafft der RFNP die Voraussetzung für die Ausweisung von Schutzgebietsflächen. Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Flächenbereitstellung für Hauptverkehrsstraßen und regionalbedeutsame Standorte der technischen Infrastruktur. Dies alles trägt wesentlich zur Steigerung der Qualität des Planungsraumes als Lebens-, Wirtschafts- und Arbeitsstandort bei. Mit seinen Flächenausweisungen schafft der RFNP die Voraussetzung für einen aktiven Umgang mit dem demografischen Wandel und damit für eine zukunftsfähige Entwicklung der Region.
Der Regionale Flächennutzungsplan ist in seiner Doppelfunktion Regionalplan für den Bereich der Planungsgemeinschaft und vorbereitender Bauleitplan der Städte. Damit ist er auch direkte Entwicklungsgrundlage für die städtischen Bebauungspläne und ferner beachtlich bei baulichen Vorhaben im Außenbereich.
Die intensive Einbindung der lokalen Politik in die RFNP-Planverfahren trägt zur Transparenz regionaler Prozesse, zu regionalem Bewusstsein, regionaler Verantwortung wie auch Vertrauensbildung sowie zur Demokratisierung und besseren Legimitation der Regionalplanung bei. Das Konsensprinzip – alle Räte mit ihren unterschiedlichen politischen Mehrheiten und lokalen Ansprüchen müssen im Laufe der Verfahren notwendige Beschlüsse fassen – erfordert eine Selbstbeschränkung der Kommunen in regionaler Gesamtverantwortung, erzeugt eine Selbstbindung an die Planungskonzeption und hat so einen positiven Effekt auf die Umsetzbarkeit und Akzeptanz des Planes.
Die Zusammenführung zweier zuvor getrennter Planungsebenen im RFNP trägt zur Verwaltungsvereinfachung und zu einem effizienteren Ressourceneinsatz bei. Mit dem Plan ist eine geordnete, nachhaltige stadtregionale Entwicklung gewährleistet. Darüber hinaus ist der RFNP als Prozess selbst eine regionale Strategie und trägt auf Ebene von Politik, Verwaltung und externen Institutionen erheblich zur Stärkung der interkommunalen Kooperation bei. Im Planungsprozess werden die Entwicklung regionaler Strategien und die Diskussion der Implementierung im Plan intensiv betrieben.
Der RFNP ist Ausdruck einer gemeinsamen Willensbildung über räumliche Entwicklungsziele und stellt ein Instrument zur Konfliktlösung in der Region dar.
Die Möglichkeit zur Aufstellung eines regionalen Flächennutzungsplans wurde durch die Änderung des Raumordungsgesetzes (ROG) 1998 in § 9 (6) ROG für verdichtete Räume oder bei sonstigen raumstrukturellen Verflechtungen in das bundesdeutsche Planungsrecht eingeführt. In Nordrhein-Westfalen wurde der RFNP im Jahr 2004 durch das „Gesetz zur Stärkung der regionalen und interkommunalen Zusammenarbeit der Städte, Gemeinden und Kreise NRW“ und entsprechender Änderung des Landesplanungsgesetzes (LPlG) in das Planungssystem des Landes umgesetzt. Konkretisiert werden die Vorgaben durch die Verordnung zu Regionalen Flächennutzungsplänen (VO-RFNP) vom 10. Mai 2005. Der RFNP übernimmt für das Plangebiet gleichzeitig die Funktion eines Regionalplans und die eines gemeinsamen Flächennutzungsplans nach § 204 Baugesetzbuches (BauGB). Wegen dieser Doppelfunktion müssen bei der Erarbeitung, Aufstellung und Änderung des RFNP sowohl die Vorgaben des ROG und des LPlG zu Regionalplänen als auch die des BauGB zum gemeinsamen Flächennutzungsplan beachtet werden.
Im 2010 neu gefassten Landesplanungsgesetz ist das Instrument des Regionalen Flächennutzungsplans nicht mehr enthalten. Für den RFNP der Planungsgemeinschaft Städteregion Ruhr existiert aber eine Überleitungsvorschrift (zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Landesplanungsgesetzes Nordrhein-Westfalen, des Landesforstgesetzes und des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 8. Juli 2021). Danach erhält die Planungsgemeinschaft die Befugnis, bis zum abschließenden Planbeschluss eines Regionalplans durch den Regionalverband Ruhr (RVR) Änderungen und Ergänzungen des RFNP durchzuführen.
Instrument des RFNP im Vergleich mit den "klassischen" Instrumenten Flächennutzungsplan und Regionalplan
Flächennutzungsplan | Regionaler Flächen-nutzungsplan in NRW | Regionalplan (Gebietsentwicklungsplan) |
|
Gesetzliche Grundlage | BauGB | BauGB, ROG, LPlG | ROG, LPlG |
Abgrenzung | Stadtgebiet einer Gemeinde | Stadtgebiete von mind. 3 Gemeinden im RVR-Gebiet | Regierungsbezirk bzw. Teilabschnitte der Regierungsbezirke |
Inhalte | Darstellungen zur Flächennutzung | Ziele und Grundsätze der Raumordnung + Darstellungen zur Flächennutzung | Ziele und Grundsätze der Raumordnung |
Maßstab | 1:10.000 bis 1:20.000 |
1:50.000 | 1:50.000 |
Beschließendes Gremium | Rat der Gemeinde | Räte der Gemeinden |
Regionalrat bzw. Verbandsversammlung (RVR) |
Genehmigungs-behörde | Bezirksregierung | Landesplanungsbehörde |
Landesplanungsbehörde (Anzeigeverfahren) |
Quelle: eigene Darstellung
Nach dem Gesetz zur Übertragung der Regionalplanung für die Metropole Ruhr auf den Regionalverband Ruhr vom 5. Juni 2007 ist die Regionalplanungskompetenz am 21. Oktober 2009 auf den RVR übergegangen. Für das Verbandsgebiet wird es somit zukünftig einen eigenen, durch den RVR erarbeiteten Regionalplan geben, der dann auch den regionalplanerischen Teil des RFNP ersetzen wird.
Der bauleitplanerische Teil des RFNP kann nach dem Außerkrafttreten der regionalplanerischen Inhalte als Gemeinsamer Flächennutzungsplan (GFNP) fortgeführt werden. Einen entsprechenden Beschluss dazu haben die Räte der sechs RFNP-Städte im Jahr 2013 getroffen.
Gesetz zur Übertragung der Regionalplanung für die Metropole Ruhr auf den Regionalverband Ruhr
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